Die allermeisten von euch haben irgendwann einmal gelernt, dass man durch die Verwendung aufeinander zulaufender Linien Perspektive in einem Bild erzeugen kann. Eigentlich das trivial: weit
entfernte Objekte sind kleiner als solche, die direkt vor uns stehen. Unserem Gehirn ist also klar, dass zwei verschieden große aber gleich gewachsene Bäume unterschiedlich weit von uns entfernt
sind.
Doch neben dieser so genannten Linearperspektive spielt in der Kunst noch ein weiteres wichtiges Stilmittel eine Rolle, um in einem Motiv die Illusion von räumlicher Tiefe zu vermitteln. Ich
meine die atmosphärische Perspektive. Damit ist ein ganz bestimmter Einsatz von Farben gemeint. Ich will euch das an einem einfachen Beispiel erklären. Wenn ihr schon einmal auf eine weit
entfernte Bergkette geschaut habt, dann wird euch sicherlich aufgefallen sein, dass diese bläulich wirkt. Doch jedes Mind weiß, dass es keine blauen Steine in den Bergen gibt. Wie kommt es zu
diesem merkwürdigen Effekt? Die Blaufärbung kommt durch die physikalischen Eigenschaften des Lichts zustande.
Weißes Licht besteht aus allen erdenklichen Farben, wie ihr am Regenbogen im kleinsten Wassertropfen erkennen könnt. Von Blau über Gelb bis Rot sind alle Farbtöne vorhanden. Um die atmosphärische
Perspektive zu verstehen muss man wissen, dass diese Farben unterschiedlich stark sind. Rot ist beispielsweise eine schwache Farbe, sie wird durch den Staub und Wasserdampf in der Luft leicht
gebrochen und gestreut. Rotes Licht von weit entfernten Gegenständen erreicht daher unser Auge nicht. Wenn ihr in einem Landschaftsbild also Berge rot anmalt wirkt das für das Auge
unwirklich.
Blau hingegen ist die stärkste Farbe im Sonnenspektrum. Und das ist der Grund, warum weit entfernte Objekte bläulich wirken: Von all den Farben, die ein Gegenstand reflektiert, gelangt nur der
blaue Anteil bis zu unserem Auge!
Für die Malerei bedeutet das, dass man diese Effekte der Farben gezielt einsetzen kann, um Tiefe in einem Motiv zu erzeugen. Male ich einen Gegenstand im „hinteren“ Bwreich meines Bilds bläulich,
denkt unser Gehirn, dass er weit entfernt ist. Setze ich im Vordergrund satte Gelb- und Rottöne ein, rücke ich diese Teile des Bild noch stärker zum Betrachter hin, die Tiefenwirkung im Motiv
steigt.
Neben der reinen Farbe spielt aber auch die Sättigung eine wichtige Rolle bei Landschaftsbildern. Da von weit entfernten Objekten ein Teil des Lichts gestreut wird, sind sie nie sonderlich hell
oder dunkel (Ausnahme sind Schneeflächen!). Die stärksten Kontraste finden wir hingegen wieder bei Objekten, die nahe zu uns stehen.
Durch die Kombination von eher bläulichen und stumpfen Farben mit starken Helligkeiten und Dunkelheiten sowie kräftigen Farben im Vordergrund verstärke ich die Tiefenwirkung in einem Bild.
Zusammen mit der Linearperspektive schaffe ich es also, auf einer zweidimensionalen Leinwand den Eindruck von räumlicher Tiefe zu erreichen!